Zuletzt aktualisiert am 19. Mai 2018

[Anzeige: Das Rezensionsexemplar wurde mir kostenlos zur Verfügung gestellt.]

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ch höre euch schon stöhnen „Jetzt packt er schon wieder ein Buch übers Höhenbergsteigen aus“ ja ich habe hier schon wieder ein Buch das über die Alpengrenzen hinaus bis in den Himalaya und den Karakorum geht. Aber ich kann euch sagen auch dieses Exemplar unterscheidet sich von Gerlinde Kaltenbrunners Buch „ganz bei mir“ und den Abenteuern am Manaslu von Benedikt Böhm.

HERSTELLERANGABEN

8000 drüber und drunter oder die wahren Herausforderungen des Lebens

Diese Geschichte beginnt (schlecht) und endet (gut) auf dem Kangchendzönga, dem dritthöchsten Gipfel der Welt. Es ist eine epische Geschichte, die nicht nur vom Bergsteigen erzählt, sondern auch von Partnerschaft, Liebe und von innerem Wachstum. Wir schreiben das Jahr 2009, Nives Meroi gilt als Favoritin, als erste Frau alle 14 Achttausender zu besteigen – ein Meilenstein, den die Medien als „Wettlauf“ inszenieren. Wie immer nimmt sie auch den Kangchendzönga, ihren zwölften Achttausender, gemeinsam mit ihrem Mann Romano Benet in Angriff, wie immer ohne Höhenträger, ohne künstlichen Sauerstoff. Wenige hundert Höhenmeter unterhalb des Gipfels fühlt sich Romano nicht gut und beschließt umzukehren.

Wie entscheidet sich Nives nun? Erobert sie alleine einen weiteren Gipfel, der sie dem „Sieg“ näherbringt – so wie es ihr viele andere, auch ihr Mann Romano geraten hätten? Nein, sie zögert keine Sekunde: Sie steigt aus dem Achttausender-Wettkampf aus, da sie Romano weder allein absteigen noch warten lassen will. Damit schließt der erste Akt dieser Geschichte. Diesem folgen drei weitere, die von der heimtückischen Krankheit bestimmt werden, die Romanos Leben bedroht und das Paar vor größere Herausforderungen stellt als alle 14 Achttausender zusammen; nun gilt es, einander beizustehen, beharrlich und geduldig zu warten, sich zu stärken. Um dann zum glücklichen Ende zu gelangen: Im dritten Anlauf – der „Wettlauf“ um die 14 Achttausender ist längst entschieden – erreichen Nives Meroi und Romano Benet 2014 endlich den Gipfel, der sie so lange warten ließ: den Kangchendzönga. Außer Konkurrenz, aber am Ziel ihrer Träume. Und unendlich dankbar.

DRAUFGESCHAUT

„Jeder andere hätte bye bye gesagt! Ihn dort warten lassen und wäre weiter Richtung Gipfel gegangen. Aber du hättest, nicht weiterleben können, wenn …!“ – Elizabeth Hawley
Doch bevor es an dieser Stelle weiter geht gibt es einen Rückblick!Nives Meroi | Ich werde dich nicht warten lassen2009 stehen 3 Frauen in einem Wettkampf (der von den Medien zum Teil extrem gepuscht wurde) um die 8000er Besteigungen. Edune Passaban, Gerlinde Kaltenbrunner und eben Nives Meroi liegen gleich auf im Rennen um den Titel „Die erste Frau“ auf allen 14 Achttausendern der Welt zu sein.
Meroi wiederholt des Öfteren das ihr der Wettkampf ziemlich unwichtig sei, sich allerdings dennoch irgendwie mittendrin in diesem Wettstreit befindet. Ähnliche Töne habe ich auch von den beiden anderen Kontrahentinnen gelesen. Hier kann sich jeder selbst ein Bild machen.

Nives Meroi und ihr Mann Romano Benet kommen von einer missglückten Besteigung ihres 12 Achttausenders dem 8586 Meter hohen Kangchendzönga zurück. Beide haben einen extrem dramatischen Abstieg hinter sich, sitzen nun bei Elizabeth Hawley und berichten von den Geschehnissen die sich am höchsten Berg Indiens zugetragen haben. Romano fühlte sich im Aufstieg ca. 1000 Meter unterhalb des Gipfels sehr schwach und bat seine Frau Nives alleine zum Gipfel aufzusteigen. Nives hingegen zögerte keinen Moment und stieg zusammen mit ihrem Mann ins Basislager ab. Nachdem das Material im Lager abgebaut und verpackt war ging es auf dem schnellsten Weg zurück ins heimelige Italien.Nives Meroi | Ich werde dich nicht warten lassen

EINE SCHEINBAR NICHT ENDEN WOLLENDE ODYSSE BEGINNT

Endlich zu Hause angekommen beginnt eine nicht enden wollende Odyssee von Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten. Romano ist schwer erkrankt und diese Krankheit verlangt dem Paar, der Seilschaft so einiges ab. Beide bezeichnen diese Zeit treffenderweise als die Besteigung ihres 15 Achttausenders.

„Jeder andere hätte bye bye gesagt! Ihn dort warten lassen und wäre weiter Richtung Gipfel gegangen. Aber du hättest, nicht weiterleben können, wenn …!“ – Elizabeth Hawley
Eine von vielen Passagen die zum Nachdenken anregen und natürlich auch die Spannung des Buches ausmachen. Was passiert als nächstes, wie geht es Romano, wird er wieder gesund und was beschäftigt Nives in dieser Zeit.

Das Buch „Ich werde dich nicht warten lassen“ ist im Gegensatz zu vielen gleichartigen Bergbüchern, die sich mit dem Thema Höhenbergsteigen befassen, natürlich anders aufgebaut. Wer detaillierte Berichterstattung auf dem Weg zum Kangchendzönga erwartet wird in den ersten Artikeln etwas enttäuscht sein. Hier geht es vielmehr um die Bereitschaft sich für seinen Partner einzusetzen, zu leiden, zu freuen, um Siege auch um Niederlagen und das nicht nur in sportlicher Sicht.

Was mir sehr gut gefällt ist dass auch mal etwas mehr Wert auf Begegnungen als auf Begehungen gelegt wird. Das wirkt sehr erfrischend und belebend. So bekommt man als Leser von Land und Leute ein viel klareres Bild als es in manch anderen Büchern der Fall ist. Das Wiedersehen von bekannten Gesichtern in den Dörfern wie zum Beispiel dem Grundschullehrer oder der „Lodge Besitzerin“ und die herzliche Atmosphäre, die Nives und Romano erfahren haben, werden auch dank der dazugehörigen Bildern sehr gut wiedergegeben.Nives Meroi | Ich werde dich nicht warten lassenNatürlich hätte Meroi auch über die vorherigen Besteigungen ausführlicher schreiben können allerdings hätte das dann doch vom eigentlichen Thema sehr abgelenkt. Im letzten Akt rückt dann auch die Besteigung mehr in den Fokus so dass sich die Leser, die vorher vielleicht etwas enttäuscht waren, ihre extra Portion Berg zum Ende hin doch noch abholen dürfen.

PRO

  • tiefe Einblicke in die Gefühlswelt von Meroi
  • man erfährt einiges über die Einheimischen und den unterschiedlichen Lebensbedingungen
  • kritischer Umgang mit kommerziellen Expeditionen

CONTRA

  • etwas zu kurz mit 179 Seiten

FAZIT

Schade dass es schon vorbei ist. Genau das war mein erster Gedanke als ich die letzten Absätze des Buches fertiggelesen hatte. Das „Ich werde dich nicht warten lassen“ so kurz ausgefallen ist, soll aber auch schon der einzige Wermutstropfen, den ich euch mitteilen kann, gewesen sein.

Wie oben im Text bereits beschrieben ist es ein anderes Buch über das Höhenbergsteigen als das was man vielleicht bisher schon gelesen hat. Es ist aufgrund der Krankheitsgeschichte Romanos sehr tiefgründig und regt zum Nachdenken an. Von der ersten bis zur letzten Seite fühlt man sich mitten drin im Geschehen. Man fiebert, leidet, hofft und freut sich regelrecht mit.

Ich kann das Buch nicht nur Bergbegeisterten bzw. Kennern der Bergwelt empfehlen, sondern auch gerade den Lesern die mit dem Bergsteigen nicht so viel am Hut haben. Wer weiß vielleicht greift der ein oder andere im Anschluss an diesen Titel noch einmal zu einem Bergbuch.

Zum Abschluß stellt euch doch einfach selbst mal die Frage!
Hätte ich auch gesagt: „Ich werde dich nicht warten lassen“?

ÜBER NIVES MEROI

1961 in Bonate di Sotto (Provinz Bergamo) geboren, ist eine der stärksten Höhen-Bergsteigerinnen der Welt. Zusammen mit ihrem Mann Romano Benet lebt sie seit mehr als 20 Jahren im kleinen Ort Fusine Laghi in der Region Friaul-Julisch Venetien nahe der slowenischen und österreichischen Grenze und betreibt dort ein kleines Bergsportgeschäft.

Inhalt: 176 Seiten, 35 farb. Abb.
Format: 15 x 22,5 cm, gebunden mit Schutzumschlag
Herausgeber: 2016 Tyrolia-Verlag
ISBN: 978-3-7022-3505-5, € 19,95

E-Book Variante
ISBN: 978-3-7022-3526-0, € 16,99

LINKS

Offizielle Webseite von Nives Meroi
Die Buchvorstellung von Alexander auf Outdoorfever.de

Anmerkung: Vielen Dank an den Tyrolia Verlag sowie text-alpin, die mir das Rezensionsexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt haben, was das Fazit natürlich nicht beeinflusst hat.

Author

... liebt die Berge. Am liebsten verbringt er Zeit beim Wandern, Bergsteigen oder auf zwei Brettern im Schnee. Im heimischen Taunus auch gerne mit dem MTB und beim Trailrun unterwegs.

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